Couragierter „Vor-Ort“-Journalismus, Nachhilfe für ein gutes Leben und entzückend animierte Wissenschaft: Diese YouTube-Kanäle schaffen es, unterhaltsam und informativ zugleich zu sein.
Wenn „Bibi“ von Bibis Beauty Palace Mode- und Schminktipps gibt, gemeinsam mit ihrem Mann Süßigkeiten testet oder einfach aus ihrem Privatleben plaudert, schauen sich das bis zu zehn Millionen Menschen an. Felix von der Laden (ehemals „Dner“) filmt sich selbst, wie er mit seinem Longboard durch Köln skatet, mit seinen Freunden im Hallenbad abhängt oder mit seiner Familie an die Ostsee fährt – dreieinhalb Millionen Abonnenten ist das ein Klick wert. Der Schwede „PewDiePie“, derzeit der wohl größte YouTube-Star der Welt, sitzt vor dem Rechner, zockt Videospiele und flucht dabei viel: 66 Millionen Abonnenten.
Die erfolgreichsten YouTube-Kanäle werfen nicht unbedingt das beste Licht auf die Videoplattform. Was hier erfolgreich ist, ist selten anspruchs- oder gehaltvoll – Stumpf ist Trumpf. Aber YouTube kann auch anders. Wir haben uns durch den Clickbait-Dschungel gekämpft und drei Kanäle gefunden, die das Videoportal von seiner besten Seite zeigen: drei YouTube-Kanäle gegen den Stumpfsinn.
1. Y-Kollektiv: Qualitätsjournalismus trifft auf Social Media
Das Y-Kollektiv ist ein Zusammenschluss junger Journalisten, finanziert und unterstützt von „funk“, dem jungen Online-Angebot der Öffentlich-Rechtlichen. Jeden Donnerstag laden sie eine etwa 20-minütige Dokumentation oder Reportage hoch. Das Themenspektrum ist weit: Die Reporter reisen mit kurdischen Kämpfern an die IS-Front im Irak oder interviewen Geflüchtete während einer Rettungsmission im Mittelmeer. Sie berichten von Nazi-Aufmärschen, über psychische Erkrankungen oder Massentierhaltung, aber auch von Lifestyle und Trends, Popkultur und Drogenkonsum.
Beim Y-Kollektiv trifft Qualitätsjournalismus (transparent recherchiert, investigativ, couragiert und integer) auf Social Media (jung, innovativ und subjektiv). Und das funktioniert überraschend gut – nicht zuletzt dank der allesamt sympathisch authentischen Journalistinnen und Journalisten. Das Y-Kollektiv konnte schon den deutschen Webvideopreis und den alternativen Medienpreis gewinnen, und war in diesem Jahr für den Grimme-Online-Preis nominiert. Allein, in Sachen Klickzahlen kann der sicher nicht ganz preiswerte „Vor-Ort-Journalismus“ mit seinen 260.000 Abonnenten leider nicht mit dem auf YouTube so beliebten „vor-der-Webcam-Labern-Journalismus“ eines „LeFloid“ (drei Millionen Abonnenten) mithalten. Ohne öffentlich-rechtliche Gelder würde sich ein solches Format wohl nicht auf YouTube halten können.
2. School of Life: Die Apotheke für den Geist
Ginge es nach Alain de Botton, würden wir an Schulen nicht nur Mathematik oder Geschichte unterrichten, sondern auch „das gute Leben“. Auf dem Stundenplan stünde dann „Wie man eine gesunde Beziehung führt“, „Wie finde ich einen erfüllenden Beruf?“ oder „Wie verstehe ich mich selbst besser?“. Weil das gute und erfüllte Leben aber weder an Schulen noch an Universitäten gelehrt wird, gründete der Philosoph und Bestsellerautor de Botton („Wie Proust Ihr Leben verändern kann“) vor zehn Jahren die School of Life – eine Bildungseinrichtung, die Erkenntnisse aus 3000 Jahren Philosophie, Psychologie, Psychotherapie, Literatur und Kunst auf die praktische Lebensführung überträgt.
Neben weltweit 12 Standorten (seit 2016 auch in Berlin) betreibt die School of Life auch einen sehr aktiven YouTube-Kanal. Über die Jahre ist eine beachtliche und binge-würdige Sammlung an (englischsprachigen) Animationsvideos entstanden. Hier finden sich einerseits Lehrvideos mit leicht zugänglichen Darstellungen der Werke berühmter Philosophen, Psychologen oder Schriftsteller und andererseits Videos zu psychischen Problemen und Sinnkrisen, zu Freundschaft, Sex und Liebe.
Die Titel einiger Videos können etwas abschreckend sein. Wer „How to be a friend to yourself“ oder „How not to be boring” liest, denkt schnell an Selbsthilfe-Gurus oder schlechte Ratgeberliteratur. Die School of Life besticht dagegen mit emotionaler Intelligenz – empathisch und reflektiert, immer unideologisch und undogmatisch.
3. Kurzgesagt – In a Nutshell: Das Universum in der Nussschale
Ein schönes, wenn auch seltenes Beispiel dafür, dass man es auf YouTube mit anspruchsvollen Inhalten bis an die Spitze schaffen kann, ist Kurzgesagt – In a Nutshell. Das Animationsformat befasst sich auf verständliche und unterhaltsame Art mit komplexen Themen aus Weltraumforschung, Physik, Biologie und Technik, seltener auch mit Politik und Philosophie. Gegründet wurde der Kanal 2013 von dem Münchener Philipp Dettmer. Mit einer ansteckenden Begeisterung für Wissenschaft und entzückenden Animationen konnte der Kanal ein weltweites Publikum überzeugen. Fünf Jahre später ist Kurzgesagt der zweitgrößte deutsche YouTube-Kanal.
Neben den YouTube-Videos gestaltet das Designstudio von Kurzgesagt zudem animierte Wissenschaftsvideos für internationale Kunden. Zu den größten Kunden gehört die „Bill and Melinda Gates Foundation“, für die Kurzgesagt Social-Media-Filme produziert.
Etwas verwirrend: Es gibt einen englischen und einen deutschsprachigen Kanal. Der eine heißt „Kurzgesagt – In a Nutshell“, der andere „Dinge Erklärt – Kurzgesagt“. Der deutsche Kanal ist seit 2017 ebenfalls Teil des Netzwerkes „funk“ von ARD und ZDF.